Es war einmal in Berlin · Gold Club

Nachruf auf den American Table Dance Club

Ende der 1990er Jahre eröffnete in der Oranienburger Straße 37 eine Kopie des Gold Club in Atlanta (U.S.A). Dieser galt zu seiner Zeit als Amerikas bester Stripclub.
Der Club in Berlin-Mitte konnte die Strahlkraft seines amerikanischen Vorbildes nie erreichen. Allerdings war er zu der damaligen Zeit ein Highlight in der deutschen Hauptstadt.
In plauschiger Atmosphäre konnte Mann und Frau dort an Stehtischen und Langtresen täglich ab 21 Uhr sexy Frauen- und knackige Männerpos bewundern, wie sie die Hüllen fallen ließen. Donnerstags war Ladies Night. Da kamen die Damen voll auf Ihre Kosten!

Das Berliner Stadtmagazin ZITTY entsandte seinen Redakteur Dirk Engelhardt für eine Expertise. Der folgende Artikel erschien in der Ausgabe 26/2001.

Die Mädchen von der Stange - Dollars ins Strumpfband stecken erwünscht, Busengrapschen nicht

Yes, die politisch vielleicht nicht ganz korrekte, aber unvermeidliche Fleischbeschau der Großstadt, der "Tanz der Titten auf den Tischen", ist auch in Berlin angekommen. God bless America, the beautyful, das Tacheles hat ein Kontrastprogramm bekommen. Es ist Montagabend, und manche Berliner Kneipe wäre froh, wenn der Laden so gut gefüllt wäre mit trinkfreudiger Kundschaft aller Destinationen wie das Gold, der "American Table Dance Club". Trotz zehn Mark Eintritt für männliche Amüsierwillige - und fünf Mark für Frauen, wenn sie sich trauen oder überreden lassen.

Ziemlich amerikanisch mutet nicht nur das Styling der drei Tänzerinnen dieser Spätschicht an (90-60-90 ist hier Einstellungsvoraussetzung). Das DJ-Pult ist mit einem riesigen Star Spangled Banner verhüllt, die verspiegelte Tanzbühne mit der obligatorischen Metallstange ist von bunten Luftballons umrahmt, und bezahlt wird mit Dollars. "Gold"-Dollars, natürlich.

Das Personal ist angenehm unaufdringlich: Erst nachdem ich eine halbe Stunde an meinem übrigens gut gezapften Berliner Pilsner (8 Mark) genuckelt habe, kommt "Louisa" mir auf Tuchfühlung nahe und fragt mit gekonntem Augenaufschlag, ob mir die Tänzerinnen gefielen. Das System ist schnell erklärt: Fünf Dollars kosten zehn Mark, die kann man der Tänzerin seiner Wahl einzeln ins Strumpfband stecken. Was auch gleichzeitig der intimste Körperkontakt zwischen Tänzerinnen und Kunden ist, wie der Türsteher versichert. Oder man investiert 15 Dollar für einen echten Table Dance auf der "Galerie mit VIP-Lounge", bei dem die Brüste gegen Ende des Songs freigelegt werden. Das höchste der Gefühle sind 25 Dollar für einen "Private Dance". Dafür gibt es ein extra Hinterzimmer, in dem dann auch der Slip fällt.

Den Roederer Christal Brut mit Jahrgangsangabe für 630 Mark bestellt heute niemand, das höchste der Gefühle sind ein Moet & Chandon Piccolo für immerhin 70 Mark. Selters statt Sekt ist angesagt, dem Berliner Portemonaie entsprechend. Das Hinterzimmer bleibt die meiste Zeit unbenutzt. Doch das Personal ist gutgelaunt - Stimmung und Girls "vom Feinsten", um noch mal den Türsteher zu zitieren.

Warum sollte ich rummäkeln? Weil ich der Barfrau erklären muss, wie man einen Pernod (17 Mark) serviert? Während "Naomi" zu "Voulez-Vouz Couchez Avec Moi" ihren knackigen Apfel-Po an der Stange reibt und dann an der selben aus drei Meter Höhe kopfüber - den weißen Tanga-Slip dem Publikum zugewandt - auf den Boden gleitet und in den Spagat wechselt, gibt es sogar Applaus. Hände wedeln mit Dollarscheinchen unsichtbare Staubkörnchen von Naomis rasierten Beinen, um sie dann im Strumpfband oder an den halboffenen Hot-Pants zu drapieren. Je später der Abend, desto lockerer die Sitten: Da werden die Scheinchen schon mal von Lippe zu Lippe übergeben, und ein betuchter Ami will mit an der Stange tanzen. Was er auch darf und anschließend einen Ehrenapplaus bekommt. Nur Dollars bekommt er keine in die Jeans gesteckt.

Im Jahr 2006 war dann Schluß. Warum wissen wir leider nicht. Vermutbar wäre die in Berlin-Mitte aggressive Yuppisierung der Eigentumsverhältnisse. Wo früher Subkultur und frivoles Leben zuhause waren wollen die Eigentümer von Luxuswohnungen heute ein sauberes Umfeld. 😥

Wo feiert der Berliner heute? PreussenSEX zeigt Ihnen alle Tabledance Clubs in Berlin.