Nachruf auf das ehemalige Freudenhaus Hase
Ein Stück Berliner Geschichte endet hier. Mit der Schließung des Freudenhaus Hase in Berlin-Gesundbrunnen ist nicht nur ein Bordell verschwunden, sondern ein einzigartiger Ort, der über Jahrzehnte hinweg Sexarbeit und Kultur auf ungewöhnliche Weise miteinander verband. Das Ende dieser Institution markiert einen weiteren traurigen Höhepunkt der Gentrifizierung, die Berlin seit Jahren erfasst hat.
Eine Pionierleistung im Berliner Rotlichtmilieu
Das Freudenhaus Hase war mehr als nur ein gewöhnliches Etablissement. 1994 eröffnete 2 Frauen (die Namen sind der Redaktion bekannt und im Internet recherchierbar) das Haus in der Hochstraße 45 im Wedding (Gesundbrunnen), zunächst auf einer Etage. Was als kleines Zimmerbordell begann, entwickelte sich zu einer besonderen Institution: 2005 wurde es zum ersten Laufhaus Berlins umgestaltet, später auf drei Etagen erweitert und schließlich um einen zweiten Gebäudeflügel ergänzt.
Die beiden Betreiberinnen, beide Aktivistinnen im Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen e.V. (BSD), führten das Haus mit einem besonderen Anspruch. Da sie selbst jahrelang in der Sexarbeit tätig waren, verstanden sie ihr Etablissement als ganz normales Wirtschaftsunternehmen. Sie schufen einen Ort, an dem Frauen als Selbstständige ihre erotischen Dienste anbieten konnten.
Ein Ort der kulturellen Begegnungen
Was das Freudenhaus Hase wirklich einzigartig machte, war seine Doppelfunktion als Kulturraum. Bereits seit 1996 bot das Etablissement Künstlern Raum für Ausstellungen, Konzerte und Theateraufführungen. Werke von Künstlern wie Wolfgang Ramisch, Ipett Schwarzweldt, Gabriele Trillhaase und dem Fotografen Zohar Kaniel wurden hier gezeigt.
Ein Höhepunkt der kulturellen Aktivitäten war 2006 die Inszenierung des Theaterstücks "Freudendienste" durch die Regisseurin Annette Kuß im Auftrag des Hebbel am Ufer. Das Stück, das auf Interviews mit Prostituierten basierte und in Zusammenarbeit mit der Prostitutionsvereinigung Hydra e.V. entstand, erregte große mediale Aufmerksamkeit und wurde von ARTE, 3sat, RBB sowie verschiedenen Printmedien begleitet.
Krimilesungen sowie der Whisky- und Poesie-Club - das Freudenhaus Hase war ein Ort, an dem sich Erotik und Intellekt, Kommerz und Kunst auf ungewöhnliche Weise begegneten. 2013 diente es sogar als einer der "Tatorte" des Berliner Krimimarathons.
Das Ende einer Ära
Die Geschichte des Freudenhaus Hase endete, wie so viele Geschichten in Berlin, mit der Gentrifizierung. Was über Jahre als klassisches Muster funktioniert hatte - Hausbesitzer suchten sich gerne Mieter aus dem Erotikbereich, die bereit waren, ein mehrfaches der ortsüblichen Miete zu zahlen und heruntergekommene Räume auf eigene Kosten instand zu setzen - kehrte sich um. Mit dem neuen Eigentümer und der folgenden Sanierung entfiel zunächst ein Seitenflügel der Nutzung. Nach auslaufen des langfristigen Mietvertrags verlangte der Vermieter ein vielfaches der bisherigen Miete. Was einst als Geschäftsmodell funktionierte - die Bereitschaft der Erotikbranche, überdurchschnittliche Mieten zu zahlen - wurde zum Verhängnis, als Berlin zur "Boomtown" wurde und mit AirBnB-Vermietungen, möblierten Apartments oder der Unterbringung Geflüchteter noch lukrativere Geschäfte lockten.
Ein Verlust für Berlin
Mit der Schließung des Freudenhaus Hase verliert die Hauptstadt nicht nur das erste Laufhaus der Stadt, sondern einen Ort, der beispielhaft zeigte, dass Sexarbeit und kultureller Anspruch keine Gegensätze sein müssen. Die beiden Betreiberinnen hatten über die Jahre hinweg bewiesen, dass ein Bordell mehr sein kann als nur ein kommerzieller Ort - es kann ein Raum für Begegnungen, für Kunst und für gesellschaftlichen Diskurs sein. Der Niedergang des Freudenhaus Hase steht stellvertretend für eine Entwicklung, die Berlin seit Jahren prägt: die Verdrängung gewachsener Strukturen durch Investoren und Spekulanten. Was Stadtsoziologe Andrej Holm als "Karawane" der Gentrifizierung beschreibt, die sich seit Anfang der 1990er Jahre über Kreuzberg, Neukölln, Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain bewegt, hat nun auch den Wedding erreicht und eine seiner bemerkenswertesten Institutionen vernichtet. Das Freudenhaus Hase war ein Stück authentisches Berlin - rau und kultiviert zugleich, kommerziell und künstlerisch, ein Ort, an dem Menschen verschiedener Welten aufeinandertrafen. Mit seinem Ende verstummt eine Stimme, die für eine offene, tolerante und vielfältige Stadtgesellschaft stand. Es ist ein Verlust, der weit über das Rotlichtmilieu hinausgeht und alle betrifft, denen die kulturelle Vielfalt Berlins am Herzen liegt.
Das Freudenhaus Hase ist dauerhaft geschlossen. 😥

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